Die SPD-Fraktion beantragt, dass die Stadt Lörrach als Einstieg in eine Wärmeversorgung aus öffentlicher Hand den Anteil der ratio Neue Energie GmbH bei deren geplantem Ausscheiden übernimmt.
Begründung
Die Stadt Lörrach sowie die ratio Neue Energie GmbH und die badenova WärmePlus GmbH & Co. KG sind aktuell zu je 1/3 an der Stadtenergie Lörrach GmbH & Co. KG beteiligt. Laut Konsortialvertrag wird die ratio Neue Energie die Gesellschaft voraussichtlich zum 31.12.2025 verlassen.
Für eine Übernahme aller Anteile der ratio Neue Energie GmbH durch die Stadt Lörrach sprechen folgende Argumente:
- Die Stadt und damit die Stadtgesellschaft können sich damit die größtmögliche politische Einflussmöglichkeit sichern. Mit der derzeitigen Konstruktion ist die Bildung eines Aufsichtsrates weder gesetzlich noch nach den Vorgaben des Gesellschaftsvertrages erforderlich. Die Gesellschafterversammlung ist damit das einzige Gremium der Stadtenergie Lörrach GmbH & Co. KG, in welchem der testierte Jahresabschluss festgestellt sowie die Verwendung des Jahresergebnisses und die Entlastung der Geschäftsführer beschlossen wird. Eine politische Einflussnahme auf die Ziele und Aufgaben der Stadtenergie ist damit kaum möglich. Angestrebt ist bislang ein Gesellschaftsverhältnis, bei dem die Stadt Lörrach mit mindestens 51 % und die badenova Wärmeplus mit maximal 49 % beteiligt ist. „Unter der Voraussetzung dieses Mehrheitsverhältnisses wird seitens der Stadtverwaltung beabsichtigt, einen Aufsichtsrat einzurichten, in welchem die Stadt Lörrach einen angemessenen Einfluss erhält.“ (Vorlage Nr. 99/2023 vom 31.5.23).
Dieser „angemessene“ Einfluss wird mit jedem Anteil der Stadt erhöht. Damit wäre es möglich, den Ausbau des Wärmenetzes nicht mehr ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien zu betreiben, sondern politische, gemeinwohlorientierte Entscheidungen zu treffen und den Nutzen der Bürgerinnen und Bürger sowie die Erreichung unserer Klimaziele in den Vordergrund zu stellen.
Stichworte: Definition von Ausschluss- und Vorranggebieten; Priorität auf einen konkreten Ausbaufahrplan mit klaren Kosten, damit Bürgerinnen und Bürger ihre Investitionen planen können; Festlegung der Anschlusskosten sowie der Wärmeenergiekosten; Anschluss- und Benutzungszwang mit Ausnahmen und Härtefallregelungen, die nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte der Bürgerinnen und Bürger (z.B. nicht nur der Zwang zum Anschluss, sondern zugleich auch das Recht auf Anschluss) regelt; die Initiierung und Realisierung von Pilotprojekten für schwierig anzuschließende Gebiete wie die Lörracher Hanggebiete, die Ortsteile und Reihenhausiedlungen mit herausfordernderer Erschließung; Entwicklung von energetische Quartiers- oder Ortschaftskonzepten, um einen Flickenteppich von privaten Einzellösungen zu vermeiden und um die betroffenen Hausbesitzer nicht alleine im Regen stehen zu lassen; etc.
„Teilprojekte (bei Wärmenetzen) sollten nicht mehr allein nach dem klassischen Kosten-Nutzen-Verhältnis betrachtet werden, sondern nach den Kosten für das eingesparte Kohlendioxid“, forderte auch die CDU-Kreistagsfraktion in ihrer Pressemitteilung vom 9.4.2022
- Beim Wärmenetz handelt es sich um eine Form der der kommunalen Daseinsvorsorge wie Wasser – und auch das Stromnetz wollen wir ja übernehmen. Eine Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge und ihrer Infrastruktur gehören nach dem Grundverständnis unserer Demokratie in die öffentliche Hand – in die Hände der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Denn es geht hier nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern um Gemeinwohl und Klimaschutz, sowie um Planungssicherheit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.
- Das geplante Ausscheiden von ratio Neue Energie bietet jetzt die Chance für einen Einstieg in eine Wärmeversorgung aus öffentlicher Hand. Eine spätere Rekommunalisierung ist deutlich schwieriger – siehe Stromnetz.
Der vollständige Antrag kann hier herunter geladen werden: dl/2023-07-23_Uebernahme_ratio_Neue_Energie.pdf